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Pettstadt: 555 Jahre Regnitzfähre
Mittwoch, den 03. August 2016 um 09:09 Uhr

Recherchen zum Alter der Verkehrsverbindung


Am 30. und am 31. Juli 2016 feierten die Pettstadter Nachbarn ein beachtliches Jubiläum: 555 Jahre Regnitzfähre. Seit dieser Zeit kann die Gemeinde Pettstadt belegen, welcher Ortsbewohner wann der Fährmann war. Die 1461 angelegte Chronik der Pettstadter Fähre ist also seit dem lückenlos.

Der amtierende Bürgermeister Jochen Hack ermunterte aber auch am Sonntag die Geschichtsforscher und Heimatkundler, nach Belegen für eine ältere Existenz der Pettstadter Fähre zu suchen.

 

Dies war für Johann Fleischmann aus Amlingstadt vom Heimatkundlichen Verein Zeegenbachtal Motivation genug, sich die Geschichte der alten Verkehrsverbindung noch einmal näher anzuschauen, denn er weiß, dass Pettstadt früher zur Oberpfarrei und Mutterkirche in Amlingstadt gehörte. Daher darf man vermuten, dass bereits vor der bisher ersturkundlichen Erwähnung in der Chronik Pettstadts eine Fährverbindung von und nach Strullendorf bestanden hat.

Und da der Bürgermeister auch sagte, dass sich Pettstadt nicht scheuen würde, auch ein noch beachtlicheres Altersjubiläum zu feiern, recherchierte der Hobbyhistoriker, der ebenfalls eine Pettstadter Ader hat (seine Großmutter der väterlichen Seite war die „Kaspersmorie”, eine gebürtige Pettstadterin), gleich ein paar Gründe, dass in Pettstadt ordentlich weiter gefeiert werden kann:                                            

Da die Kirche in Pettstadt früher zur Urpfarrei in Amlingstadt gehörte, dazwischen aber schon immer die Regnitz floss, musste ja zumindest ab und zu auch vor dem Jahr 1399 der Amlingstadter Pfarrer aus dem Zeegenbachtal nach Pettstadt, um nach dem Rechten zu sehen.

Hierzu schreibt, in Fleischmanns Quellen, der ehemalige Amlingstadter Lehrer Kaspar Schatt über die Geschichte der Pfarrei Amlingstadt:

  • Amlingstadt 973 – Sankt Martin (!) zu Pettstadt gehörte zur Slawenkirche Amlingstadt.  Anmerkung: erst 1338 als cap. b. Mariae in Bedstat genannt.


Im Archivdiakonat Bamberg ist weiterhin folgendes aufgeführt:

  • Pfarrkirche Amlingstadt Egidius 1399 Oberpfarrei MBU4672, Looshorn III 505.
  • König Heinrich II tauscht 1013 Juni 21 die Kirchen in Amelungestat und Siuselingun mit ihren Zehnten und 6 Königshufen vom Bischof zu Würzburg für (Bistum) Bamberg ein.


Dann unter Tochterkirchen steht:

  • Pettstadt M.B.U. 2313, Looshorn III 184.
  • Bedstat tauscht 1142 der Domherr Ruzelin vom Kloster Niedermünster (Regensburg) für das Domstift (Domoblei) ein. Vogtgebühr 1 Talent zur dos ecclesie von Pedstat 9 Unzen. MBU 222
  • 1331 Streit um Güter der Kapelle in Betstat, filialis ecclesie in Amlingstadt. MBU 2066
  • 1338 Ablaß zugunsten der cap. b. Mariae in B. (Bedstat)
  • 1399 Jan. 3 von Bischof Lamprecht von Amelungestat getrennt.


In einem anderen Schriftstück:

  • Pettstadt (B.M.V.) Auf Vorstellung des Pfarrers von Amlingstadt, Wilhelm von Bürn, Neffe des Bischofs, trennt Bischof Lampert am 3. Jan. 1399 das Dorf Pettsadt von der Mutterkirche Amlingstadt.
  • Das Patronatsrecht haben abwechselnd der Obleiherr von Pettstadt (Domkanoniker) und der Pfarrer von Amlingstadt (Looshorn III 505).
  • Der erste Pfarrer war Plebanus (ist ein Läutpriester oder Pfarrer des Volkes) ernannt 1430.


Die Pettstadter Fähre ist älter als gedacht

Der Historiker Joachim Andraschke hat, laut eines vorliegenden Artikels im FT, vom 24.05.2011 Hinweise auf eine Fährverbindung in einer Urkunde aus dem Jahr 1342 entdeckt, d.h. doch über 100 Jahre früher als angenommen. In einer Urkunde Pettstadt betreffend ist die Rede vom „Vareweydach“, einem Flurnamen, der übersetzt lautet: Das Weidach (d.h. Ort, wo Weiden stehen) beim „Fahr“ (also bei der Fähre).

Der nächste folgende, ebenfalls indirekte Nachweis, dass die Fährverbindung älter ist, stammt laut Andraschke aus dem Jahr 1426. Hier ist die Rede von „Kungund die Fergein”, d.h. übersetzt: Kunigunde, die Fährmannsfrau.

Wichtige Anmerkung: deswegen wurde auch im sog. „Schnaderhüpferla”, welches unsere Vorfahren sangen, der alten Fährmannsfrau Kunigunde gedacht, bzw. so ihr Name an Generationen weiter gegeben - der (unzensierte) Text lautet:

„ ... und die alde Fährmannskundl liegt im Bett, hot Händschisch oh … zeig mehr amoll *dei Dreschmaschina - häng i gleich mein Riema noh ...”

* Achtung: der zweite Teil des Reimes „Schnaderhüpferla” wurde lt. Überlieferung traditionell immer mit einer „drümmer Schelln” des vortragenden, meist minderjährigen Poeten bei und von einem anwesenden Erziehungsberechtigten bedacht!



Also, lieber Bürgermeister und liebe Pettstadter, wenn das kein schöner Anlass ist auf die 555 noch mindestens 100 Jahre draufzupacken und zu dies weiter feiern?

Mit herzlichen Grüßen


von den alten Fährpassagieren
aus dem Zeegenbachtal



 

Amlingstadt

Glaskasten

Schulgasse

Gemeinde Strullendorf


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