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Geschichtlicher Rückblick
Freitag, den 11. November 2011 um 21:07 Uhr

Das kleinbäuerliche Anwesen Schulgasse 2, ehemals Nummer 82 in Strullendorf

Erinnern wir uns an die Geschichte: Zum zweiten Mal geht die Strullendorfer Pfarrkirche St. Laurentius in einem Feuersturm unter. Entfacht durch französische Truppen der Sambre-Maas-Armee, die in der Oberpfalz zunächst am 24. August 1796 bei Amberg von den Österreichern entscheidend zurückgeschlagen wurde, aber nun auf dem Rückzug durch Strullendorf kam. Hier wüteten die durchziehenden Einheiten fürchterlich und für den kleinen Ort Strullendorf endete dies "verheerend".  Am 30. August 1796 wurde Strullendorf von den Franzosen geplündert und angezündet. Insgesamt zerstörten sie 220 Gebäude, nur 15 Häuser blieben verschont. Es gab drei Todesopfer unter den Einwohnern, darunter auch der Strullendorfer Pfarrer Georgius Rickert, der im Pfarrhof in der Schulgasse Nr.1 im Keller des damaligen Nachbarhaus verbrannte. Bis 1809 war das Nachbaranwesen Ruine, dann Schulhaus bis 1909, danach als Bauernhof genutzt.


Die plündernde französische Armee von General Jean-Baptiste Jourdan wurde vier Tage später am 3. September 1796 bei Würzburg von der verfolgenden Reichsarmee unter dem Kommando des österreichischen Erzherzog Karl von Österreich-Teschen gestellt und aufgerieben.

Sofort nach dem Abzug der Franzosen setzte in Strullendorf der Wiederaufbau ein. Bei der Schule und der Kirche zog sich alles über Jahre hin, denn die Regierung des Fürstbistums Bamberg hatte keinerlei Gelder hierfür.

Besser war es bei den Privatgebäuden, denn durch Eigeninitiative der Strullendorfer ging alles schneller voran. Trotz alle dem waren im Jahr 1801 noch immer zahlreiche sogenannte Brandstätten zu verzeichnen.

Auch das Anwesen in der heutigen Schulgasse war beschädigt jedoch nicht zerstört worden. Deutliche Hinweise darauf ergeben sich aus der jüngsten Untersuchung 2012. Das Holz der Bohlenbalkendecke der guten Stube wurde im Jahr 1679 geschlagen. Somit kann man davon ausgehen, dass lediglich vorhandene Schäden repariert und ausgebessert werden mussten. Die jüngsten Untersuchungen dokumentieren vorhandene Brandschäden im Gebälk des Hauses.

Der Zeitraum des Wiederaufbaus bzw. der Reparatur kann zwischen 1797 und 1809 eingegrenzt werden. Die Schulgasse Nr. 2 wurde als ein typisches Bauernanwesen mit Wohnhaus, Stall und Scheune wieder errichtet. Der Stall setzt sich im rechten Winkel vom Haus ab und schützt so den Hof. Die Nebengebäude wurden mit einen Frackdach errichtet, das zur Wetterseite hin geneigt ist. Es ist das heute einzig erhaltene Anwesen in Strullendorf, das die Zerstörung des Ortes 1796 überlebte und noch steht. Nur die Zehntscheune ist älter.

Befragung der Zeitzeugin Lina Spörlein durch Joh. Fleischmann und sorgfältige Recherchen im Gemeindearchiv Strullendorf ergaben Informationen über die letzten  Bewohner der Schulgasse Nr. 2, ehemals Nr. 82.

Eine war Barbara, genannt wurde sie Babett, geboren am 16.09.1902.  Ihre Eltern hießen Johann und Agnes Spörlein. Agnes war eine geborene Ochs aus Geisfeld. Diese kauften das nachbarliche Anwesen, also die Schulgasse Nummer 2 vorher 82 von einem alten Ehepaar, das aus Schönbrunn im Steigerwald nach Strullendorf kam. Lina Spörlein erzählte ihr Urahne Spörlein stammte ursprünglich aus Bad Steben. Durch die damaligen Kriegswirren kamen sie nach Oberfranken, genauer nach Burgebrach.

Johann Spörlein aus Strullendorf stammte vom oberen Spörlein in der Lindenallee u. heiratete Katharina Frank. Dann kaufte er das Anwesen der Bäckerei Käfferstein (später Brändlein). Sie hatten einen Sohn mit Namen Lorenz. Als dieser 4 Jahre alt war, starb seine Mutter. Vater Johann heiratete in zweiter Ehe Agnes Ochs aus Geisfeld. Da ihm sein Anwesen zu klein bzw. zu schmal war für die nun größer werdende Familie, kaufte er die Schulgasse 87.  Dort baute er nur das Haus neu. Sohn Lorenz aus erster Ehe musste dann in den 1. Weltkrieg ziehen. Er wurde verwundet und kam zurück nach Bamberg in das Lazarett und verstarb dort. Danach brachte man ihn nach Strullendorf und er wurde im örtlichen Friedhof begraben.

Der Hoferbe war früher immer das 1. Kind. Von den 7 Kindern währe nun die Babett an der Reihe gewesen. Diese Regelung wurde hier nicht eingehalten, sondern ihre Eltern kauften für sie das Nachbaranwesen Nr. 82 mit der früher röm. Zahl 85.

Der Vater Johann Spörlein auf Haus Nr. 87 verunglückte durch einen landwirtschaftlichen Unfall und ist im Bamberger Krankenhaus an dessen Folgen verstorben. Sein Nachfolger auf Nr. 87 wurde der Sohn Fritz, welcher als Holzfuhrwerker bekannt war.

Die Nr. 82 hatte einen großen Garten, davon ernährte sich die Babett, weil sie ja sonst nur wenige Äcker hatte. Sie heiratete Pankraz Wagner, Jahrgang 1900, aus der Lindenallee. Auf diesem Anwesen lebt heute die Familie Erwin Reichelt (die Mutter ist eine geb. Wagner).

Pankraz arbeitete als angesehener Zimmermann beim Flussbauamt. (heute RMD). Aus der Ehe gingen die Zwillinge Heinrich und Friedrich (genannt „die Leuserla“) geb.  am 08.01.1929 hervor. Sohn Heinrich, wohnte später in der Lindenallee im Hofhaus der Familie Motzel. Sohn Friedrich heiratete Resi Helmrich aus Amlingstadt. Fritz und Resi wohnten bis zum zweiten Kind Pankraz, der 1951 zur Welt kam, in der Schulgasse 2 und zogen dann nach Amlingstadt, später bauten sie in Wernsdorf. Auf ihrem Hof hatten sie immer eine Kuh, zwei Geißen, mindestens ein Schwein und Hühner. Pankraz hatte seine Tauben. Das bestehende Taubenhaus baute er 1943, welches 2015 erneuert wurde. Barbara Wagner ist am 10.01.1951 im Bamberger Krankenhaus mit nur 49 Jahren verstorben.

Pankraz Wagner heiratete am 21.02. 1952 in zweiter Ehe wieder eine Barbara, die ebenfalls  liebevoll Babett genannt wurde. Geboren wurde sie am 23.06. 1914, ihr Mädchenname war Kratz und sie wuchs in Reundorf auf. Kinder kamen aus dieser Ehe nicht mehr hervor. Pankraz starb am 26.10.1967 im Scheßlitzer Krankenhaus. Der Enkel Pankraz Wagner ist in Gunzendorf verheiratet. Er erbte das Anwesen seines Paten und Großvaters. Die dort verbliebene Witwe Babett hatte ein Wohnrecht auf Lebenszeit.

Babett war die letzte Bewohnerin der Schulgasse 2. Ihren letzten Lebensabschnitt verbrachte sie im Seniorenzentrum in Strullendorf und verstarb im Alter von 96 Jahren am 11.05. 2010.

Luftbild von modern media production, Leesten

Die Gemeinde Strullendorf erwarb bereits im Jahr 2006 das denkmalgeschützte Anwesen, um es vor dem drohenden Verfall zu bewahren. Zeitgleich wurde beschlossen, das Ensemble in denkmalgerechter Weise zu sanieren und zu erhalten. Dies wurde Dank einer sensiblen Vorgehensweise aller Beteiligten möglich und ist nicht zuletzt durch staatliche Förderungen sowie umfangreiche Beratungen gelungen!

Unter dem Dach der Schulgasse 2 ist zukünftig unser Heimatkundliche Verein Zeegenbachtal e.V. der offizielle Nutzer und wird Heimatkunde verknüpft mit der Geschichte des Ortes begehbar gestalten. Die Räumlichkeiten des denkmalgeschützten Bauernhofensembles, mit Scheune und Hof sollen zudem für weitere Institutionen und für alle Bürgerinnen und Bürger der Gemeinde Strullendorf offen stehen.

Mit der Sanierung und der zukünftigen Nutzung des kleinbäuerlichen Anwesens in der Schulgasse wurde ein wichtiger Teil der Geschichte des Bamberger Landes sowie der Gemeinde Strullendorf für zukünftige Generationen bewahrt und erhalten. Impressionen der Ausstellung und Fotos der Schulgasse finden Sie in diesem Artikel.

 

 

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