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Amlingstadt: St. Ägidius
Donnerstag, den 15. November 2012 um 12:37 Uhr

 

 

Um das Jahr 800, zur Zeit der Kichengründung, war Amlingstadt bereits eine ansehnliche Wohnstätte. Die älteste Namensform „Amelungestat“ deutet auf eine ostgotisch-thüringische Gründung hin. Das Herrschergeschlecht der Ostgoten waren die Amaler. Der bedeutendste und bekannteste Vertreter war Theoderich der Große.

In der bekannten Heldenlieddichtung, dem Nibelungenlied leben die Amaler unter dem Namen Amelungen fort. Im Jahr 510 verheiratet Theoderich der Große seine Nichte Amalaberga mit Herminafried, dem König des thüringischen Reiches (Vermutliche Gründung von "Amelungestat"). Dadurch könnte der Ortsname mit „Nachkomme der Amaler“ übersetzt werden, nach Joachim Andraschke, Magister der älteren deutschen Sprachwissenschaft. Dieser schreibt über Amlingstadt: "Das Grundwort `stat´ beruht in seiner Bedeutung auf Stätte, Stelle, Ort, Platz oder Wohnstätte. Der Personenname Amelung kommt im altsächsischen und auch bei den Ostgoten, deren Herschergeschlecht die Amaler waren, vor. Eine Ableitung davon kann mit `Nachkommen der Amaler´übersetzt werden. Im Nibelungenlied wird der Volksname der Goten mit Amelungen wiedergegeben. Damit könnte der Ortsname im Sinne zur `Wohnstätte eines Goten´ übersetzt werden."

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1013 wird der Ortsname „Amelungestat“ zum ersten Mal urkundlich genannt. König Heinrich II. (der spätere Kaiser) beurkundete am 21. Juni 1013 in Frankfurt den Eintausch des Königshofes Geraha gegen die zu Würzburg gehörenden Kirchen Amelungestat und Siuselingum. (d.h. die Ortschaften Amlingstadt und Seußling)

Zu der Bestimmung als Slavenkirche braucht man den Nachweis von drei Königshuben und ein Johannespatrozinium, also dem Hinweis u.a. auf ein Taufbecken. Johanneskirchen stehen aber in der Regel als Filialkirchen. Amlingstadt hat den Nachweis geführt und war damit eine Würzburgerische Eigenkirche. Auf der Pfarrhube war Würzburger Altzehnt und demnach war sie eine Kilianskirche. Mit Verbreitung der Ägidienverehrung im 12. Jahrhundert durch den Bischof Otto I (der Heilige und 8. Bischof von Bamberg), wurde das Patrozinium gewechselt. Die Pfarrei blieb in Obhut des Domkapitels und erfreute sich mit dem Vorzugstitel „Oberpfarrei“ bis 1835 einer gehobenen Stellung.

Zwischen 1392 - 1421 kommt ein Wilhelm von Brunn auch Burn bzw. Bürn in den Quellen vor, ein Neffe des Bischofs Lamprecht von Brunn, Chorherr bei St. Stephan und Oberpfarrer zu Amlingstadt. Er stimmte der Loslösung von Pettstadt 1399 von Strullendorf und Litzendorf im Jahr 1406 zu.

Zwischen 1403 - 1420 wirkte Unterpfarrer Friedrich als Seelsorger in Amlingstadt. Er und Conrad Reisinger (Vikarius und Kustus im Kanonikerstift St. Stephan Bamberg, gegr. 1009) stifteten den Ölberg. Von 1421 - 1447 war Johann Schank Oberpfarrer und Stiftsdekan bei St. Gangolf. Er ließ die erste steinerne Pfarrkirche erbauen und wurde am 5. 4. 1439 dem Konzil in Basel als Rektor der Kirche von Amlingstadt vorgestellt. Weil diese die erste steinerne Kirche war, ergibt sich, dass damals bereits die erste Slavenkirche wohl durch einen größeren Holzbau ersetzt wurde.

Die Einweihung der steinernen Kirche erfolgte durch Bischof Anton von Rotenhan im Jahr 1442. Sie hatte fünf Ältäre: den Hochaltar zu Ehren des heiligen Ägidius, einen Marienaltar, einen zu Ehren der heiligen Bekenner, und in der Mitte der Kirche den Altar zu Ehren Johannes des Täufers. Der fünfte Altar in der Sakristei wurde zu Ehren der heiligen Jungfrauen errichtet.

Im  März 1633 war der große Kirchenbrand, als schwedische Truppen Amlingstadt in Brand steckten und mit der Kirche 20 Herdstätten verwüsteten. Von den Altären der Kirche blieb nichts erhalten. Für den ganzen Ort ist dies das bisher katastrophalste Ereignis seiner Geschichte. Im Jahr 1634 wird Pfarrer Peter Freyburg von Strullendorf, das ebenfalls gebranntschatzt wurde, nach Amlingstadt versetzt. Hier bleibt er bis 1641.

Die Folgen des Dreißigjährigen Krieges und die dadurch verursachten Seuchen und Hungersnöte entvölkerten und verheerten ganze Landstriche unserer Heimat. Auch viele Nachbarorte wurden verwüstet. Teilweise überlebte nur ein geringer Teil der Bevölkerung unter ärmlichsten Bedingungen. Nach den sozialen und wirtschaftlichen Verheerungen benötigten einige vom Krieg getroffene Orte mehr als hundert Jahre, um sich von den Folgen zu erholen. Die Erinnerung an das Ereignis vom März 1633 wurde lange Zeit von Generation zu Generation weitererzählt, selbst in Kinderliedern bis ins letzte Jahrhundert ist die Strophe "bet Kindlein, bet morgen kommt Schwed" überliefert.

1641 wird eine spätgotische Kirche mit barocker Inneneinrichtung unter Pfarrer Johannes Krapp im heutigen Stil errichtet (ein „Gutthäterbuch“ gibt hierzu Auskunft).

Seit dem Jahr 1643 gibt es ein Pfarrarchiv mit Kirchenrechnungen.

Eine Turmurkunde aus dem Kirchturmknopf des Jahres 1655 bezeugt den Abschluss des Wiederaufbaues der Amlingstadter Pfarrkirche nach dem Abbrand im März 1633. Die noch heute vorhandene barocke Inneneinrichtung geht auf den Nachfolger von Johannes Krapp, den Pfarrer Johann Melchior Heiliger zurück. Unter ihm wurde der Kirchturm der völlig ausgebrannten Ruine in der heutigen Gestalt wieder aufgebaut.

Der prächtige Fassadenturm ist bis heute die Hauptzierde des Ortsbildes. Er hat vier Geschosse und ist im gotischen Stil erbaut. Der hohe, beschieferte Helm mit den vier Ecktürmchen wurde 1655 errichtet. Die Schallfenster wurden 1645 nach dem großen Brand eingefügt (Im Mauerwerk steht die Zahl 1605). Der imposante, kräftige Hochbau erreicht eine Höhe von 36 Metern.

Von 1739 - 1752 ist Pfarrer und Dechant Johann Sauer aus Roßdorf am Forst. Ein Sohn der Pfarrei sozusagen, der "erfüllt von großer Liebe zu seiner Heimatkirche war". Er stiftete den Hochaltar. Den Marienaltar von 1663 sowie den Apostelaltar von 1669/1670 ließ er umbauen. Diese drei Altäre stehen heute noch in der Pfarrkirche. Der Apostelaltar und Oberbau der Kanzel tragen die Inschrift: Johann Sauer, Dechant 1745.

Von 1795 - 1840 leitete Pfarrer Johann Neubauer 45 Jahre lang die Pfarrei.
1800 wurde der gotische Chor mit der Sakristei unter einem Dach zusammengefasst.
1820 wurde der heutige Friedhof (genannt der Leichenacker) von Georg Hanfstengel gekauft.
1866 gründen die Amlingstadter einen Kirchbaufonds. Es hatte mehr als 100 Jahre gedauert, bis das Vorhaben verwirklicht wurde.
1898 findet die Gründungsversammlung des Kirchbauvereins Amlingstadt statt. Pfarrer war der Geistliche Rat Konrad Ringelmann, der zu dieser Zeit schwerkrank war.

1920 wurde Georg Karmann zum Pfarrer von Amlingstadt ernannt. 1922 ließ er eine neue Orgel erbauen, die am 26. Februar geweiht wurde.
Von 1923 - 1925 wurde die Erweiterung des Friedhofes rechts und links um je drei Meter realisiert.
1931 beschafft die Pfarrgemeinde vier neue Glocken für St. Ägidius.

1933 wurde die teilweise eingestürzte Friedhofmauer am Gotteshaus komplett erneuert. Die Gefallenendenkmalsfrage löste Pfarrer Karmann in glücklicher Weise durch die Errichtung eines Kriegeraltares in der Katharinenkapelle.
1934 stiftete Pfarrer Karmann die Mariengrotte und die Kirche wurde innen völlig restauriert, sowie das Kirchendach ausgebessert.

1942 wurden drei Glocken der Pfarrkirche auf Anordnung der nationalsozialistischen Regierung vom Turm geholt. Nur die Totenglocke durfte hängen bleiben. Den Zweiten Weltkrieg überleben die Kirche und der Ort unbeschadet, jedoch musste wie beim Ersten Weltkrieg das Kriegerdenkmal um viele gefallene und vermisste Männer erweitert werden.

1951 unter Pfarrer Christoph Weidner wurden die Marien- und die Ägidiusglocke, welche von der Glockengießerei K. Hamm Nachfolger G. Hofweber gegossen wurden, mit einem Traktor und Wagen in Regensburg(!) abgeholt. Fahrer war Georg Sauer, Begleiter und Scout war Sepp Steigner aus Wernsdorf. Mit großer Teilnahme und Freude der Pfarrgemeinde sind diese zwei Glocken 1951 an die verwaisten Plätze im Turm zurückgekehrt.

1972 genauer am 18. Juni findet ein mehr als 100 Jahre langes Streben der Pfarrgemeinde Amlingstadt seine feierliche Vollendung: die Weihe des Erweiterungsbaues der altehrwürdigen Pfarrkirche. Pfarrherr war Dekan Theodor Hellmich. Die Weihe erfolgte durch Dr. Dr. Josef Schneider, dem damaligen Erzbischof von Bamberg. In seiner Ansprache sagte Dekan Hellmich: „Möge der gütige Gott an unserem Gotteshaus seine Verheißung in Erfüllung gehen lassen." und weiter „Ich habe diesen Ort erwählt, dass mein Name dort auf Ewig sei und meine Augen und mein Herz dort weilen alle Tage“.

1978 wurde die größte und neue Dreifaltigkeitsglocke durch Pfarrer Hellmich geweiht. So war erst nach 36 Jahren langen Wartens das Geläut von St. Ägidius wieder vollständig.

Von 1979 - 2000 wirkte Pfarrer Franz Zeis. Er war der letzte, einzig nur für Amlingstadt verantwortliche Seelsorger.
Am 17. September 2000 wurde Pfarrer Johannes Reinsch, welcher nun den Pfarreien Strullendorf und Amlingstadt vorsteht, durch Dekan August Popp aus Hirschaid, in sein neues Amt eingeführt.

Am 01.06.2008 wurde Pfarrer Reinsch in Strullendorf durch Domkapitular Dr. Gerhard Förch als Dekan für das Dekanat Hirschaid installiert.

2013 erhält die Kirche St. Ägidius eine neue Orgel, die die Pfarrgemeinde durch einen Orgelbauverein unter Vorsitz von Franz Will eigenfinanzierte. Im darauffolgenden Jahr blickt der Ort auf eine tausendjährig dokumentierte Geschichte zurück in deren Mittelpunkt immer die heute so prächtige Kirche stand und steht.

JF

Quellen:
„Das Bistum Bamberg.“ Heft 1, Dr. Urban
"Baugeschichte einer karolingischen Urpfarrkirche", Dr. Klaus Schwarz
"Geschichte der Pfarrei" von Lehrer Kaspar Schatt 1932-1935 u. alte Ortsgeschichte

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